Newsletter #11 Januar 2020
Liebe Freund*innen,
nach den Landtagswahlen im September 2019 kehrt nun langsam der parlamentarische Alltag im Sächsischen Landtag ein. Und fast könnte man meinen, dass die neue Legislaturperiode doch eigentlich ziemlich gut losgeht – denn einiges hat sich verändert hier im Haus. Zwar gibt es wieder drei Frauen in der Minister*innenriege (eine davon ist die frühere gleichstellungspolitische Sprecherin der Grünen, Katja Meier). Aber sind die Sächsische Regierung und der Landtag deshalb etwa schon erfolgreich, was Gleichstellung angeht? Leider nicht. Denn das Kabinett ist nun nämlich größer als in der vergangenen Wahlperiode. Und damit sind Frauen, prozentual gesehen, jetzt sogar noch weniger vertreten. Und auch unter den Parlamentarier*innen sieht es eher gruselig aus. Mittlerweile ist dort der Frauenanteil auf erschreckende 26,3 Prozent abgesunken! Besser wäre der finnische Weg, wo (junge) Frauen in allen Parteien die Chance haben, es bis an die Parteispitze zu schaffen – einfach, weil sie bei Wahlen auch aufgestellt werden. Damit das in Sachsen auch endlich Realität wird, brauchen wir dringend ein Paritégesetz! Ob dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und Grünen steht? Diese und viele weitere, hoffentlich spannende, Infos finden sich auf den nächsten Seiten.
Viel Spaß bei der Lektüre & feministische Grüße,
Sarah Buddeberg
Sprecherin für Gleichstellungs- und Queerpolitik und Inklusion
Parlamentarische Geschäftsführerin
Aktuelles
Mein neues Thema: Inklusionspolitik
Mit der neuen Legislaturperiode ist mir ein spannender neuer Sprecher*innenbereich übertragen worden. Neben Gleichstellung- und Queerpolitik beschäftigte ich mich nun auch mit inklusionspolitischen Fragen, also welche Strukturen benötigen beispielsweise Mädchen* und junge Frauen* mit Handicap in Sachsen, um selbstbestimmt leben und arbeiten zu können? Brauchen wir mehr barrierefreie Plätze in Gewaltschutzeinrichtungen? Oder wie viel Mitspracherechte haben und benötigen eigentlich Gleichstellungsbeauftragte in Werkstätten? Ein weites politisches Feld also, auf das ich mich schon sehr freue!
Koalitionsvertrag: Kein großer Wurf
Im Dezember 2019 haben CDU, SPD und Grüne nach dreimonatiger Verhandlung ihren Koalitionsvertrag „Gemeinsam für Sachsen“ vorgelegt. Mein Fazit: Es gibt einige vielversprechende Punkte – der ganz große Wurf ist das Papier aber nicht. Statt einer gemeinsamen Idee von einem sozialen, fortschrittlichen und gerechten Freistaat, zeugt der Vertrag von den vielen Kompromissen, die CDU, SPD und Grüne gemacht haben. So steht das Gleichstellungsgesetz zwar als Vorhaben drin — aber das hatte die CDU ja bereits in der vergangenen Legislatur erfolgreich blockiert. Zweiter negativer Punkt: Ein Paritégesetz ist nicht geplant. Und das, obwohl der Frauenanteil im Sächsischen Landtag weiter gesunken ist. Als Opposition werden wir die Arbeit der neuen Regierung also umso kritischer und mit eigenen konstruktiven Vorschlägen begleiten.
Frauenanteil im Landtag sinkt weiter
Bereits in der vergangenen Legislatur hatte die Linksfraktion einen Entwurf für ein Paritégesetz ins Parlament eingebracht. Das Ziel: Parteien gesetzlich dazu zu zwingen, bei Parlamentswahlen mehr Frauen aufzustellen. Leider ist die sächsische Kenia-Koalition noch sehr zögerlich, was ein mögliches Paritégesetz angeht. Hier müssten CDU, SPD und Grüne viel mutiger vorangehen. Die aktuelle Zusammensetzung des Sächsischen Landtags zeigt, warum wir solch ein Gesetz dringend benötigen: Der Frauenanteil unter den Abgeordneten liegt bei erschreckend niedrigen 26,3 Prozent!
Neuer Ausschuss und eine alte Bekannte
Weil der Bereich Gleichstellung nun nicht mehr an das Sozialministerium, sondern an die Ministerium für Justiz gekoppelt ist, werde ich zukünftig in einem anderen parlamentarischen Ausschuss sitzen. Dieser nennt sich nun Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung. Neben dieser spannenden Veränderung freue ich mich aber vor allem darüber, dass die neue Justizministerin zugleich eine „alte Bekannte“ ist: Katja Meier, frühere gleichstellungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, ist nun die sächsische Justiz- und Gleichstellungsministerin. Dazu wünsche ich ihr alle Gute und eine erfolgreiche gemeinsame Arbeit!
Finnland macht‘s vor
Finnland ist ja schon lange in mehrerer Hinsicht ein Land mit Vorbildcharakter. Nicht nur von dem wirklich guten Bildungsgesetz könnte sich Sachsen echt eine Scheibe abschneiden. Nun hat uns das skandinavische Land auch mal wieder aus gleichstellungspolitischer Perspektive überholt. Seit Dezember hat dort nämlich mit der 34-Jährigen Sanna Marin nicht nur die jüngste Regierungschefin der Welt das Sagen. Auch die Spitzen der anderen Koalitionsparteien der Regierung sind weiblich besetzt! Davon sind wir im Freistaat noch meilenweit entfernt. Hier gab es bisher keine einzige Ministerpräsidentin. Selbst bei den Minister*innen sieht es ziemlich mau aus. Gerade einmal drei von dreizehn Posten sind weiblich besetzt. Da ist noch viel Luft nach oben!
Frauenwoche des Landesfrauenrats
Die diesjährige Sächsische Frauenwoche des Landesfrauenrats nimmt sich dem Thema Entgeltgleichheit an und steht unter dem Motto „Ein Ziel: Gleich viel!“ Der Landesfrauenrat und seine Mitgliedsvereine fordern unter anderem die Beendigung prekärer Jobs, die Bekämpfung von Altersarmut von Frauen und endlich faire Löhne. Um darauf aufmerksam zu machen, finden vom 9. bis 17. März 2020 in ganz Sachsen Veranstaltungen und Aktionen rund um das Thema Lohngerechtigkeit statt. Das Programm gibt es hier…
Rückblick
Kristina Hänel erneut verurteilt
Weil sie auf ihrer Internetseite Schwangerschaftsabbrüche als Leistung anbietet, ist die Gießener Gynäkologin Kristina Hänel vor einigen Wochen erneut zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Zuvor hatte das Oberlandesgericht Frankfurt ein Urteil des Landgerichts Gießen mit Hinweis auf die erfolgte Reform des Paragrafen 219a aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen. Nach der neuen Rechtssprechung soll Hänel nun 2.500 Euro Strafe zahlen. Sie kündigte aber bereits an, bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, um den sogenannten Werbeparagrafen zu kippen. Wir bleiben dran und setzen uns im Parlament auch weiterhin für eine Abschaffung der Paragrafen 218 und 219 ein. My body, my choice!
Wahl des *sowieso*-Vorstands
Seit 1990 gibt es in Dresden den Verein *sowieso* (Frauen für Frauen), der mit seinen vielen Angeboten seither eine unschätzbare, frauenpolitische Arbeit in der Stadt leistet. Umso mehr freue ich mich, dass mir die Vereinsfrauen nun bereits zum zweiten Mal ihr Vertrauen geschenkt und mich in den Vorstand gewählt haben. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken – und natürlich an dieser Stelle die Werbetrommel rühren für das tolle Programm des Frauen für Frauen e.V. Neben Fachberatungen und Weiterbildungen finden in der schönen Villa an der Waldschlösschenbrücke auch spannende Kurse, Seminare und Informationsveranstaltungen statt. Reinschauen lohnt sich…
Termine
31. Januar 2020, 19.30 Uhr, Kurzfilmtour für Geschlechtergerechtigkeit, Kino im Kasten, August-Bebel-Straße 20, 01219 Dresden, mehr Infos…
5. Februar 2020, 18 Uhr, Diskussion: Feministisch streiten, sowieso (Frauen für Frauen e.V.), Angelikastraße 1, 01099 Dresden, mehr Infos…
6. März 2020, 9–11 Uhr, Infostand zum Frauentag mit Genossinnen des Stadtverbands DIE LINKE, Pirnaischer Platz, Dresden
6. März 2020, 17 Uhr, Verleihung des Clara Zetkin-Frauenpreis, Südblock, Berlin, mehr Infos…
8. März 2020, 15–18 Uhr, Frauentagsveranstaltung des Dresdner Stadtverbands DIE LINKE.Dresden, Haus der Begegnung, Großenhainer Straße 93, Dresden
13. März 2020, 16–20 Uhr, 1. Lange Nacht der Frauen*, Kanonenhof, Brühlscher Garten 4, 01067 Dresden
17. März 2020, 16 Uhr, Abschlussveranstaltung der Sächsischen Frauenwoche, Stadtmuseum Dresden, Wilsdruffer Str. 2, 01067 Dresden, mehr Infos…
20. März 2020, 18 Uhr, Podiumsdiskussion „Quo vadis, Geschlechtergerechtigkeit?“, Leipzig